Leistungen Abwasserbeseitigung

Die Aufgabe der kommunalen Abwasserbeseitigung

 

1.   Veranlassung und Rechtsgrundlage

Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 46 Absatz 1 Nummer 6 des Landeswassergesetzes (LWG) in Verbindung mit § 47 Absatz 1 des Landeswassergesetzes sowie § 53 Absatz 3 des Landeswassergesetzes haben die Gemeinden und Abwasserverbände die zur ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung notwendigen Abwasseranlagen in angemessenen Zeiträumen zu planen, zu errichten, zu erweitern oder den allgemein anerkannten Regeln der Technik anzupassen.

Der Stand der öffentlichen Abwasserbeseitigung sowie die zeitliche Abfolge und die geschätzten Kosten der zur Erfüllung der Abwasserbeseitigungspflicht notwendigen Baumaßnahmen sind in einem Abwasserbeseitigungskonzept darzustellen.

Das Abwasserbeseitigungskonzept wurde auf Grundlage der aus geltender Rechtslage abzuleitenden wasserwirtschaftlichen Anforderungen aufgestellt.

Der Bezirksregierung Münster und dem Kreis Recktlinghausen hat die nunmehr 6. Fortschreibung des Abwasserbeseitigungskonzeptes der Stadt Haltern am See zur Abstimmung vorgelegen. Die Ergebnisse der Abstimmungen wurden in das Abwasserbeseitigungskonzept eingepflegt.

Das Abwasserbeseitigungskonzept der Stadt Haltern am See wurde unter Beteiligung der Aufsichts- und Genehmigungsbehörden aufgestellt und am 18.06.2020 vom Rat der Stadt Haltern am See beschlossen.

Das Abwasserbeseitigungskonzept der Stadt Haltern am See ist für den Zeitraum von 6 Jahren ab dem 01.01.2021 bis zum 31.12.2026 gültig und danach erneut fortzuschreiben.

 

1.2   Bezug zur EG-Wasserrahmenrichtlinie

Am 22.12.2000 trat die EG-Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) in Kraft. Mit dieser Richtlinie soll erreicht werden, dass die Bäche, Flüsse und Seen sowie die Grundwasservorkommen in allen Staaten der EU langfristig geschützt und falls notwendig verbessert werden. 

Sie legt konkrete Anforderungen und Ziele fest, die in einem vorgegebenen Zeitplan erreicht werden sollen. Außerdem beschreibt sie, wie die Mitgliedsstaaten dabei vorzugehen haben. So ist z. B. die Erarbeitung verschiedener Pläne und Berichte EU-weit einheitlich vorgegeben. Die EG-WRRL bildet damit die Grundlage für das deutsche Wasserhaushaltsgesetz, die Landeswassergesetze und viele weitere Rechtsbereiche, die im Zusammenhang mit dem Zustand der Gewässer stehen.

Zu den Maßnahmen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie nach § 86 des Landeswassergesetzes und den Beiträgen zu den Maßnahmenprogrammen und Bewirtschaftungsplänen der Flussgebietseinheiten nach §§ 82 und 83 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) gehören auch Maßnahmen im Abwasserbereich, die in dem Abwasserbeseitigungskonzept dargestellt werden.

 

2.   Organisationsstruktur der Abwasserbeseitigung in Haltern am See

Die Stadtentwässerung Haltern am See ist eine öffentliche Einrichtung und wird aufgrund des § 107 Absatz 2 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO-NRW) seit dem 1. Januar 1996 entsprechend den Vorschriften der Eigenbetriebsverordnung geführt. Der Eigenbetrieb führt den Namen „Eigenbetrieb Stadtentwässerung Haltern am See“. Zweck des Eigenbetriebes Stadtentwässerung Haltern am See ist insbesondere die Erfüllung der der Stadt Haltern am See gem. § 46 Absatz 1 des Landeswassergesetzes obliegenden Pflicht zur Abwasserbeseitigung.

Die Verpflichtung umfasst insbesondere

  • die Planung der abwassertechnischen Erschließung von Grundstücken, deren Bebaubarkeit nach Maßgabe des Baugesetzbuches durch einen Bebauungsplan, einen Vorhaben- und Erschließungsplan oder eine Klarstellungs-, Entwicklungs- und Ergänzungssatzung begründet worden ist, 
  • das Sammeln und Fortleiten von Abwasser, das auf einem Grundstück des Gemeindegebietes anfällt, 
  • sowie die Aufstellung und Fortschreibung von Plänen nach § 57 Absatz 1 Satz 4 und 5 (Bestandsplan über die Abwasseranlagen und einen Plan über deren Betrieb)
  • die Errichtung und den Betrieb sowie die Erweiterung oder die Anpassung der für die Abwasserbeseitigung notwendigen Anlagen an die Anforderungen des § 60 des Wasserhaushaltsgesetzes,
  • das Einsammeln und Abfahren des in Kleinkläranlagen anfallenden Schlamms,
  • die Aufstellung und Vorlage des Abwasserbeseitigungskonzeptes nach Maßgabe des § 47 des Landeswassergesetzes

Da die Stadt Haltern am See im Einzugsgebiet der Lippe und damit im Gebiet eines sondergesetzlichen Abwasserverbandes liegt, obliegt dem Lippeverband gem. § 53 des Landeswassergesetzes 

  • die Übernahme, Behandlung und Einleitung von Schmutzwasser oder mit Niederschlagswasser vermischtem Schmutzwasser und
  • die Rückhaltung von Abwasser aus öffentlichen Kanalisationen in dazu bestimmten Sonderbauwerken, sofern das Abwasser vom Verband zu behandeln ist.

Der Lippeverband wurde am 19. Januar 1926 als Wasserwirtschaftsverband für die mittlere und untere Lippe gegründet und kooperiert eng mit der Emschergenossenschaft als dem ältesten deutschen Wasserverband. Beide Verbände arbeiten unter dem Dach einer einheitlichen Organisationsstruktur zusammen.

Als selbstverwaltete Körperschaft des öffentlichen Rechts wird der Lippeverband durch seine Mitglieder – Städte, Wirtschaft und Bergbau – getragen und finanziert. Über die jährlichen Versammlungen und die Verbandsräte wirken die Mitglieder bei der Meinungsbildung und den Entscheidungen mit.

Auf dem Gebiet der Stadt Haltern am See betreibt der Lippeverband die der Abwasserreinigung und –behandlung dienenden kommunalen Kläranlagen Haltern-Mitte, Haltern-West und Hullern. Darüber hinaus betreibt der Lippeverband die Regenwasserbehandlungslagen und die durch ihre Überleitungsfunktion gekennzeichneten Abwasserpumpwerke in den mischentwässernden Gebieten der Ortsteile Flaesheim, Hamm-Bossendorf, Lippramsdorf-Mersch und -Freiheit.

Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Eigenbetrieb Stadtentwässerung Haltern am See und den Anschlussnehmern sind in der  Entwässerungssatzung der Stadt Haltern am See geregelt.

 

3.   Stand der Abwasserbeseitigung zum Stichtag 31.12.2020

3.1   Stadt Haltern am See – Größe, Einwohner und Anschlussgrad

Die Stadt Haltern am See umfasst ein Gebiet von rd. 155 Quadratkilometern. Innerhalb des Gebietes sind rd. 3,72 Quadratkilometer besiedelt und entsprechend bebaut. Der Außenbereich ist durch land- und fortwirtschaftliche Nutzung geprägt. Auf dem Gebiet der Stadt Haltern am See und den zugehörigen Ortsteilen Lavesum, Sythen, Hullern, Flaesheim, Hamm-Bossendorf und Lippramsdorf leben derzeit etwa 39.000 Einwohner.

Die besiedelten Gebiete sind durchweg kanalisiert um das Abwasser zu sammeln und fortzuleiten. Auch in den Außenbereichen wurden zahlreiche Siedlungsgebiete an die öffentliche Kanalisation im Druckentwässerungsverfahren angeschlossen. Die Abwasserförderung in den klein dimensionierten Druckrohrleitungen wird von mehr als 180 Kleinstpumpwerken sichergestellt, welche von den Grundstückseigentümern privat finanziert und betrieben werden.

Derzeit werden auf Grundstücken in den Außenbereichen noch insgesamt 156 Kleinkläranlagen betrieben. Damit sind lediglich etwa 580 Einwohner nicht an die öffentliche Kanalisa-tion angeschlossen. Der aktuelle Anschlussgrad beträgt dementsprechend 98,5 %.

Der Lippeverband betreibt die Kläranlagen Haltern-Mitte und Haltern-West im Verbund. Das Verbundsystem der Kläranlagen ist für 53.500 EGW ausgelegt. Bisher sind ca. 40.000 EGW angeschlossen. Die Erweiterung / der Neubau der Kläranlage ist nicht erforderlich.

Ferner wird die Kläranlage Hullern vom Lippeverband betrieben. Die Kläranlage Hullern ist für 2.500 EGW ausgelegt. Angeschlossen sind etwa 2200 EGW. Ein weiterer Ausbau ist derzeit nicht geplant.

 

3.2   Kanalisationsnetz und Sonderbauwerke

Das gesamte Entwässerungsnetz des Eigenbetriebes Stadtentwässerung Haltern am See, welches als Sondervermögen der Stadt Haltern am See verwaltet wird, umfasst aktuell 279 km erdverlegte Kanalisationsleitungen. Davon entfallen rd. 47 km auf Druckentwässerungsleitungen.

Die Netzlängen der Freigefällekanalisation verteilen sich nach den Entwässerungsverfahren wie folgt:

Mischwasser              133 km

Schmutzwasser           54 km

Regenwasser               45 km

 

Das verwendete Rohrleitungsmaterial verteilt sich über die gesamte Netzlänge der Freigefällekanalisation wie folgt:

Beton                                      167,50 km                  71,74 %

Kunststoff                                   7,24 km                    3,10 %

Steinzeug                                 36,12 km                  15,47 %

Auskleidungen mit Inliner         14,58 km                    6,24 %

Faserzement                              3,34 km                    1,43 %

Guss                                           4,11 km                    1,76 %

Stahl                                           0,58 km                    0,25 %

 

Ferner betreibt der Eigenbetrieb Stadtentwässerung Haltern am See insgesamt 31 Abwasserpumpstationen und 26 Sonderbauwerke. Der Betrieb der Abwasserpumpwerke und der Sonderbauwerke wird mit einem onlinebasierten Fernüberwachungssystem überwacht. Die messtechnisch erfassten Betriebsdaten werden aufgezeichnet und ausgewertet. Bei den Mischwasserbehandlungsanlagen und den bedeutenden Regenwasserbehandlungsanlagen wird auch das Einstau- und Entlastungsverhalten an den Überlaufschwellen messtechnisch erfasst und ausgewertet.

Zu den Sonderbauwerken zählen neben zahlreichen Anlagen zum Zweck der Regenwasserversickerung u. a. die nachstehenden Mischwasser- und Regenwasserbehandlungsanlagen:

  • Regenüberlaufbecken (RÜB) Sythen
  • Stauraumkanal mit unten liegender Entlastung (SKU) Hullern
  • Stauraumkanal mit oben liegender Entlastung (SKO) Flaesheim-Dorf
  • Stauraumkanal mit unten liegender Entlastung (SKU) Zum Ikenkamp
  • Stauraumkanal mit oben liegender Entlastung (SKO) Bergbossendorf
  • Filterschacht (FS) Hetfeld
  • Regenklärbecken (RKB) In der Strünkede
  • Regenklärbecken/ Regenrückhaltebecken (RKB/RRB) Hellweg
  • Regenklärbecken/ Regenrückhaltebecken (RKB/RRB) Brinkwiese
  • Regenklärbecken (RKB) Stockwiese

 

Zu den Sonderbauwerken zählen auch die Bauwerke, die ohne Gewässereinleitung dem Ausgleich hydraulischer Überlastungen dienen:

  • Regenwasserrückhaltebecken im Mischsystem (RRB) Röhrkesweg
  • Stauraumkanal (SK) Burbrocksgosse
  • Stauraumkanal (SK) Melkenweg
  • Stauraumkanal (SK) Im Bromkamp

Darüber hinaus betreibt der Eigenbetrieb Stadtentwässerung Haltern am See im Ortsteil Sythen am Standort des Pumpwerkes Am Wehr zur Vermeidung von Geruchsemissionen eine Fällmitteldosierstation.

Das Kanalisationsnetz der Stadt Haltern am See ist einschl. aller Sonderbauwerke in Lage und Höhe komplett vermessen. Die Stamm- und Zustandsdaten werden mit dem Kanalinformationssystem TIFFANY verwaltet.

 

3.3 Grundsatz der Niederschlagswasserbeseitigung

In § 55 Abs. 2 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) ist der Grundsatz formuliert, das Niederschlagswasser ortsnah versickert, verrieselt oder direkt oder über eine Kanalisation ohne Vermischung mit Schmutzwasser in ein Gewässer eingeleitet werden soll, soweit dem weder wasserrechtliche noch sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften noch wasserwirtschaftliche Belange entgegenstehen. 

Nach § 44 Landeswassergesetz Nordrhein-Westfalen in Verbindung mit § 55 Abs. 2 des Wasserhaushaltsgesetzes ist das Niederschlagswasser von Grundstücken, die nach dem 1. Januar 1996 erstmals bebaut, befestigt oder an die öffentliche Kanalisation angeschlossen werden, vorrangig zu versickern, zu verrieseln oder ortsnah direkt und ohne Vermischung mit Schmutzwasser über eine Kanalisation in ein Gewässer einzuleiten, sofern dies ohne Beeinträchtigung des Wohles der Allgemeinheit möglich ist.

Unter bestimmten Voraussetzungen (z. B. geeignete Bodenverhältnisse, ausreichende Versickerungsfläche auf dem Grundstück) kann Niederschlagswasser grundsätzlich versickern. Für die Versickerung stehen verschiedene Möglichkeiten (Oberflächen-, Mulden- bzw. Rigolenversickerung) zur Verfügung.

 

3.4 Niederschlagswasserbeseitigungskonzept

Die nordrhein-westfälischen Städte und Gemeinden sind nach § 47 Absatz 3 des Landeswassergesetzes dazu verpflichtet, im Rahmen des Abwasserbeseitigungskonzeptes u. a. Aussagen zur Niederschlagswasserbeseitigung unter Beachtung von § 55 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes und § 44 des Landeswassergesetzes sowie der städtebaulichen Entwicklung zu treffen. Dabei sollen auch Auswirkungen auf die bestehende Entwässerungssituation, das Grundwasser und oberirdische Gewässer dargestellt werden. 

Aussagen zum Niederschlagswasser sind im Niederschlagswasserbeseitigungskonzept darzulegen. Das Niederschlagswasserbeseitigungskonzept ist ein integraler Bestandteil des Abwasserbeseitigungskonzeptes einer Gemeinde. Es beinhaltet u. a. eine Auflistung der Einleitungen, Anlagen und Maßnahmen inkl. Kosten, die das Niederschlagswasser betreffen. Der Bestand der Niederschlagswassereinleitungen ist mit den dazugehörigen Entwässerungsgebieten detailliert aufzunehmen. Die Behandlungsbedürftigkeit ist abzuschätzen. Die notwendigen Informationen werden in Form von Datenblättern dargelegt.

Um den Schadstoffeintrag in die Gewässer aus den Niederschlagswassereinleitungen zu vermindern, gilt es den Erlass des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (MULNV) des Landes Nordrhein-Westfalen „Anforderungen an die Niederschlagsentwässerung im Trennverfahren“ vom 26.05.2004 umzusetzen.

Die im Trennsystem entwässernden Gebiete und deren Einleitungsstellen sind ganzheitlich zu betrachten. Die erforderliche Niederschlagswasserbehandlung ist zu untersuchen. Hierzu ist eine Einstufung des Niederschlagsabflusses der befestigten Flächen in folgenden drei Kategorien vorzunehmen:

Kategorie I:    Unbelastetes (=unverschmutztes) Niederschlagswasser kann grundsätzlich ohne
                       Vorbehandlung in oberirdische Gewässer eingeleitet oder versickert werden.

Kategorie II:   Schwach belastetes (=gering verschmutztes) Niederschlagswasser bedarf grundsätzlich einer
                       Behandlung. Von einer zentralen Behandlung kann im Einzelfall abgesehen werden, wenn
                       aufgrund der Flächennutzung nur mit einer unerheblichen Belastung durch sauerstoffzehrende
                       Substanzen und Nährstoffe und einer geringen Belastung durch Schwermetalle und organische
                       Schadstoffe gerechnet werden muss oder eine vergleichbare dezentrale Behandlung erfolgt.
                       Dies gilt im Allgemeinen für Dachflächen in Gewerbe- und  Industriegebieten, befestigte
                       Verkehrsflächen mit schwachem Kfz-Verkehr (fließend oder ruhend). 

Kategorie III:  Stark belastetes (=stark verschmutztes) Niederschlagswasser muss grundsätzlich gesammelt,
                       abgeleitet und einer Abwasserbehandlung bzw. der zentralen Kläranlage zugeführt werden.

Darzustellen ist, mit welcher Behandlungsanlage das Niederschlagswasser vor der Einleitung in ein Gewässer zu behandeln bzw. zu klären ist, die eine Reduzierung der Schwermetallbelastung und organischen Schadstoffe sicherstellen (z. B. Regenklärbecken und Abscheideanlagen nach den „Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten“ ).

Die Einleitung von Niederschlagswasser in ein Gewässer bedarf einer wasserrechtlichen Erlaubnis durch die Aufsichtsbehörde. Die Genehmigung der Einleitungserlaubnis wird beschieden und ist zeitlich befristet. Nach Ablauf der Frist ist eine Anpassung an die An-forderungen der Niederschlagswasserentwässerung gemäß „Trennerlass“ durchzuführen. 

 

3.5 Verfahren zur Behandlung von Niederschlagswasser

Bei den für die Behandlung von Niederschlagsabflüssen in Frage kommenden und im Erlass aufgeführten Verfahren wird zwischen zentralen und dezentralen Anlagen unterschieden.

Folgende zentrale Behandlungsanlagen werden im Trennerlass genannt:

  • Nicht ständig gefüllte Regenklärbecken (Regenklärbecken ohne Dauerstau)
  • Ständig gefüllte Regenklärbecken (Regenklärbecken mit Dauerstau)
  • Retentionsbodenfilter

Bei einer zentralen Behandlung wird der gesamte Niederschlagswasserabfluss eines Gebietes behandelt, auch wenn die Behandlung nur für einen Teil der Flächen notwendig wäre.

Dezentrale Anlagen sind variabler und können in unterschiedlicher Form genutzt werden. Es gibt Anlagen, die in vorhandene Straßeneinläufe eingesetzt werden, die diese ersetzen oder die das Niederschlagswasser mehrerer Einläufe sammeln und gemeinsam behandeln. In Wohngebieten in denen z.B. lediglich eine belastete Straße der Kategorie II zu erhöhten Anforderungen an die Reinigung führt, kann durch eine getrennte dezentrale Behandlung des belasteten Niederschlagswassers die Anforderung für diese Flächen erfüllt und die zu behandelnde Niederschlagswassermenge erheblich reduziert werden. 

Folgende dezentrale Behandlungsanlagen kommen zum Einsatz:

  • leistungsstarke Filteranlagen mit geringer Filterbelastung (Rinnenfilter)
  • stark belastete und dadurch wartungsintensive Filteranlagen im Schacht bzw. Straßenablauf
  • Sedimentationsanlagen, die variabel ausgelegt werden und entsprechend der Oberflächenbeschickung variablen Stoffrückhalt haben können
  • Sedimentationsanlagen im Gully, die entsprechend der Nassschlammsenke nur sehr geringe Wirksamkeit in situ haben.

Voraussetzung für den genehmigungsfähigen Einsatz dezentraler Anlagen ist allerdings, dass hinsichtlich Schadstoffrückhalt und dauerhaftem Betrieb eine vergleichbare Behandlung des Niederschlagswassers zu den aufgezählten zentralen Behandlungsverfahren erfolgt. 

 

3.6    Abwasserbeseitigung im Außenbereich durch Kleinkläranlagen

Auf dem Halterner Stadtgebiet werden auf Grundstücken im Außenbereich noch insgesamt 156 Kleinkläranlagen betrieben.

Seit Neufassung der Abwasserverordnung (AbwV) im Oktober 2002 haben sich die Anforderungen an die Einleitung von Abwasser aus Kleinkläranlagen in oberirdische Gewässer oder in das Grundwasser erhöht. Um die Anforderungen einzuhalten müssen seitdem alle Kleinkläranlagen nach DIN 4261 Teil 2 und DIN EN 12566 mit einer vollbiologischen Stufe ausgestattet sein.

Nach Aufforderung der Anlagenbetreiber zur baulichen Anpassung durch den Kreis Reck-linghausen wurden auf dem Gebiet der Stadt Haltern am See in den vergangenen Jahren nahezu alle Kleinkläranlagen umgerüstet oder erneuert. Vor Baubeginn musste hierzu ein Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis beim Kreis Recklinghausen eingereicht werden.

In den ergangenen Erlaubnisbescheiden wurden u. a. auch Regelungen zum ordnungsgemäßen Betrieb der Kleinkläranlagen und zur Entsorgung des anfallenden Klärschlammes getroffen, wonach grundsätzlich die Stadt Haltern am See gemäß § 46 Absatz 1 Punkt 5 des Landeswassergesetzes für das Einsammeln und das Abfahren des in den Kleinkläranlagen anfallenden Schlammes zuständig ist.

Von diesen Regelungen sind insbesondere landwirtschaftliche Betriebe betroffen, denn in der Vergangenheit war es vielen Landwirten erlaubt, den Klärschlamm auf eigenbewirtschaftete Ackerflächen selbst aufzubringen. Diese Vorgehensweise ist weiterhin nur zulässig, wenn die Stadt Haltern am See von der Verpflichtung der Klärschlammentsorgung durch den Kreis Recklinghausen freigestellt wird. 

Einem Antrag auf Freistellung kann nur entsprochen werden, wenn nachstehende  Unterlagen vorliegen.

  • Nachweis der Landwirtschaftskammer, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb vorliegt
    und die Wohnungen ausschließlich von Betriebsangehörigen genutzt werden,
  • Nachweis der Landwirtschaftskammer über eine eigenbewirtschaftete Ackerfläche
    mit einer Größe von mind. 1 ha und
  • eine aktuelle Klärschlammuntersuchung nach der Abfallklärschlammverordnung.

 

Die Stadt Haltern am See ist nach dem Abwasserabgabengesetz (AbwAG) für Einleitungen aus Kleinkläranlagen abgabepflichtig. Allerdings bleibt die Stadt Haltern am See für Einleitungen aus Kleinkläranlagen abgabefrei, wenn

  • das gesamte Schmutzwasser in einer den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Kleinkläranlage behandelt wird und
  • der anfallende Klärschlamm durch die Stadt Haltern am See entsprechend bedarfsgerecht eingesammelt und abgefahren wird oder
  • bei landwirtschaftlichen Betrieben der anfallende Klärschlamm unter Beachtung der Abfallklärschlammverordnung auf eigenbewirtschaftete Ackerflächen aufgebracht wird.

Die sogenannte Kleineinleiterabgabe wird auf die Eigentümer bzw. Nutzungsberechtigten der Grundstücke umgelegt, auf denen das Abwasser anfällt. 

 

3.7   Überwachung, Betrieb und Unterhaltung der Abwasseranlagen

Der Betrieb des Kanalnetzes einschließlich der vorhandenen Einrichtungen wie Pumpstationen und Sonderbauwerke erfolgt so, dass zu jeder Zeit und auf Dauer eine für die Umwelt, insbesondere für das Grundwasser und den Boden schadlose Sammlung und Ableitung des Abwassers im gesamten Einzugsgebiet gewährleistet ist. Um dies zu erreichen, werden die Anlagen nach geltenden Rechtsvorschriften regelmäßig überwacht und erforderliche Betriebs- und Unterhaltungsmaßnahmen zeitnah durchgeführt.

Die Umsetzung und Einhaltung geltender Rechtsvorschriften ist u. a. maßgeblich bei der Überprüfung der Voraussetzungen für die Befreiung von der Abwasserabgabe gemäß Abwasserabgabengesetz NRW durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW). Die Abwasserabgabe ist eine Sonderabgabe, die der Staat seit 1981 von den Ländern für das Einleiten von Abwasser in ein Gewässer erhebt. Sie erfüllt unter der Maxime des Verursacherprinzips eine Lenkungsfunktion, die eine Verbesserung der Gewässergüte zum Ziel hat. 

Maßgebend sind u. a. die nachstehenden Rechtsvorschriften:

  • Anforderungen an die öffentliche Niederschlagsentwässerung im Mischverfahren Rd. Erl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft vom 3. Januar 1995
  • Anforderungen an die Niederschlagsentwässerung im Trennverfahren Rd. Erl. d. Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz vom 26. Mai 2004 
  • Anforderungen an den Betrieb und die Unterhaltung von Kanalisationsnetzen Rd. Erl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft vom 3. Januar 1995 
  • Verordnung zur Selbstüberwachung von Abwasseranlagen – Selbstüberwachungs-
    verordnung Abwasser - SüwVO Abw vom 17. Oktober 2013

Der Betrieb, die Überwachung und die laufende Unterhaltung des Kanalisationsnetzes und der Sonderbauwerke sind in den Dienst- und Betriebsanweisungen des Eigenbetriebes Stadtentwässerung Haltern am See geregelt.

 

3.8   Funktions- und Zustandsprüfung von Anschlussleitungen

Nach Maßgabe des § 61 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) sind Betreiber von Abwasseranlagen verpflichtet, ihre Anlagen auf Funktion und Zustand zu überwachen und hierüber Aufzeichnungen anzufertigen. Die öffentlichen Kanalisationsnetze werden in diesem Zusammenhang entsprechend der Selbstüberwachungsverordnung Abwasser NRW (SüwVO Abw NRW) auf Funktion und Zustand inspiziert.

Der Eigenbetrieb Stadtentwässerung Haltern am See betreibt und unterhält nach Maßgabe der Entwässerungssatzung der Stadt Haltern am See auch die Anschlussleitungen der angeschlossenen Grundstücke und der Straßenentwässerung (Straßensinkkästen).

Im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung und um Schäden im Straßenraum präventiv zu begegnen, werden die Anschlussleitungen mit einer Kamera optisch inspiziert.

Die festgestellten Schäden an den Anschlussleitungen werden gesichtet und entsprechend DIN 1986-30 bewertet. 

Die Stamm- und Zustandsdaten der Anschlussleitungen werden einschl. aufgezeichneter geometrischer Daten im Kanalinformationssystem TIFFANY des Eigenbetriebes Stadtentwässerung Haltern am See graphisch dargestellt. Schwerwiegende Schäden an den Anschlussleitungen werden zeitnah instandgesetzt.

Die Funktions- und Zustandsprüfung der Anschlussleitungen erfolgt gemeinsam mit den jährlich durchzuführenden Kanalzustandserfassungen gemäß Selbstüberwachungsverordnung Abwasser (SüwVO Abw NRW).

 

3.9   Funktions- und Zustandsprüfung privater Leitungen in Wasserschutzzonen

Nach der geänderten Selbstüberwachungsverordnung Abwasser (SüwVO Abw), welche am 13.08.2020 in Kraft getreten ist, ist eine verpflichtende Funktions- und Zustandsprüfung in Wasserschutzgebieten nur noch bei Neuvorhaben, bei wesentlichen Änderungen und in begründeten Verdachtsfällen vorzusehen.

Die Pflicht zur wiederkehrenden Prüfung von Leitungen, die zur Fortleitung häuslichen Abwassers dienen und innerhalb eines Wasserschutzgebietes liegen, ist entfallen.

Allerdings sind Grundstückseigentümer, die nach der bisherigen Verordnung bis zum 31.12.2015 eine Funktions- und Zustandsprüfung vorzunehmen hatten und dies bisher versäumt haben, nach wie vor dazu verpflichtet, diese vorzunehmen. Dies betrifft bestehende Abwasserleitungen, die zur Fortleitung häuslichen Abwassers dienen und die vor dem 1. Januar 1965 errichtet wurden und innerhalb von durch Rechtsverordnung festgesetzten Wasserschutzgebieten liegen.

Die Änderung betrifft nicht industrielle oder gewerbliche Abwasseranlagen. Diese müssen auch fortan turnusmäßig überprüft werden.

 

4.   Planungsvorsorge - Gebietsentwicklung

4.1   Zentralabwasserplanungen

Anhand sog. Zentralabwasserpläne (ZAP) sind mit fortschreitender städtebaulicher Entwicklung die den Siedlungsgebieten zugehörigen Entwässerungsnetze hydraulisch zu überprüfen. Die ausreichende hydraulische Leistungsfähigkeit der Kanalisationsanlagen ist nachzuweisen, um Planungssicherheit für die weitere Gebietsentwicklung und für Investitionen in den Ausbau und die Sanierung der Kanalisationsanlagen zu schaffen. Die Zentralabwasserplanungen werden in Form eines Genehmigungsentwurfes aufgestellt und gemäß § 57 Absatz 1 des Landeswassergesetzes gegenüber den zuständigen Wasserbehörden angezeigt.

Die hydraulische Leistungsfähigkeit der bestehenden Kanalisationsnetze wird im „Istzustand“ und nach Einbeziehung der geplanten Gebietsentwicklung im „Prognosezustand“ überprüft. Die Anforderungen der hydraulischen Nachweise haben den Regelwerken DWA-A 118 „Hydraulische Bemessung und Nachweis von Entwässerungssystemen“ und DIN EN 752 „Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden“ zu entsprechen.

In Anpassung an sich klimabedingt verändernde Wetterverhältnisse mit häufiger auftretenden Starkregenereignissen gilt es dabei auch, überflutungsgefährdete Bereiche zu ermitteln und die damit einhergehenden Risiken für Grundstückseigentümer aufzuzeigen.

 

5.   Starkregenrisikomanagement

Nach § 47 des Landeswassergesetzes sind im Abwasserbeseitigungskonzept auch Aussagen darüber zu treffen, mit welchen Maßnahmen den Folgen des Klimawandels begegnet werden soll.

Der Eigenbetrieb Stadtentwässerung Haltern am See hat sich zur Aufgabe gemacht, Schäden durch Starkregen zu vermeiden. Gleichwohl hat sich auch jeder Grundstückseigentümer durch technisch mögliche und zumutbare Maßnahmen vorsorglich vor Schäden zu schützen (Sorgfaltsplicht vgl. § 5 des Wasserhaushaltsgesetzes).

Um in geeigneter Weise Vorsorgemaßnahmen planen zu können, ist die Erkenntnis darüber, wo durch Starkregen auf dem Gebiet der Stadt Haltern am See Schäden entstehen können, von grundlegender Bedeutung. Aufgrund der zunehmenden Starkregenereignisse und in deren Folgen auch im Stadtgebiet von Haltern am See aufgetretenen Überflutungen, zuletzt im Juni 2016, hat der Eigenbetrieb Stadtentwässerung Haltern am See eine stadtgebietsweite Überflutungs- und Risikoanalyse aufstellen lassen. 

Für das gesamte Stadtgebiet wurden die Fließwege und Wasserscheiden auf der Geländeoberfläche auf der Grundlage eines digitalen Geländemodells mittels eines geografischen Informationssystems ermittelt. 

Der Oberflächenabfluss wurde anhand von Modellniederschlägen berechnet. Dabei wurde die Analyse des Oberflächenabflusses (2D-Berechnungen) mit Überflutungstiefen und Gebäudenutzungen verschnitten. Die Ergebnisse dienen als Grundlage einer Maßnahmenplanung zur Überflutungsvorsorge.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat Ende November 2018 die „Arbeitshilfe kommunales Starkregenrisikomanagement“ herausgegeben. Diese enthält ein standardisiertes Verfahren um Risiken durch Starkregenereignisse zu minimieren.

Auf dieser Grundlage soll ein gemeinschaftliches kommunales Handlungskonzept erarbeitet werden. Ein wichtiger Kernbestandteil sind Maßnahmen der Überflutungsvorsorge. Hierbei ergeben sich zwischen den Fachdisziplinen zahlreiche Anknüpfungspunkte und Synergiepotentiale.

Zuständige Fachbereiche der Stadtverwaltung